20. Juli 2015

Image-Gewinn auf Kosten der Natur

Am Ende hat doch Peking das Rennen gemacht und die Olympischen Winterspiele 2022 kommen nicht nach Kasachstan. Ein Glück, muss man vielleicht sagen. Denn so lässt sich die einmalig unberührte Natur noch ein wenig erhalten. Vermutlich nur noch, bis Präsident Nursultan Nasarbajev den nächsten Versuch startet, in der Liga der renommierten Industriestaaten mitzuspielen. Nasarbajev herrscht seit 1990 autoritär über das zentralasiatische Land, er hat ein Milliardenvermögen angehäuft. Doch das reicht ihm nicht. Es geht ihm schon lange nicht mehr nur ums Geld.

Er möchte internationale Anerkennung. Große Sportereignisse sind da genau das Richtige. In zwei Jahren richtet Kasachstan die Universiade aus, die Weltspiele der Studenten. Die Winterspiele wären die Krönung gewesen, wie Sie im Beitrag bei DRadioKultur hören können.

20. Juli 2015

Geköpfte Hunde für kritische Journalisten

Wieviel würde ich in Kauf nehmen, um meinen Beruf auszuüben? Wo wäre meine Grenze? Ab welchem Punkt würde ich kapitulieren und einfach nicht mehr als Journalistin arbeiten? Diese Frage habe ich mir jeden Moment gestellt, den ich in der Redaktion von nakanune.kz verbracht habe. Die Kollegen sitzen in einer kleinen Wohnung im Zentrum Almatys, an den Wänden der winzigen Räume hängen Porträts von Politikern und Wirtschaftsbossen. "Das sind unsere Helden!" Oksana Makushina, die stellvertretende Chefradakteurin, lacht laut und herzlich, als sie diesen Satz sagt. Denn all die Herren an der Wand sind im Laufe der vergangenen 15 Jahre gegen die kleine Zeitung vorgegangen. Etliche Male haben Makushina und ihre Kollegen sich neue Name ausdenken müssen für ihr Medium, immer wenn es mal wieder dichtgemacht wurde. Sie haben die Zeitung zeitweise in Russland drucken und mit dem Flugzeug nach Kasachstan bringen lassen. Und sie haben sich Anfeindungen gefallen lassen müssen. Ihre Redaktionsräume wurden in Brand gesteckt, eines Morgens hing ein geköpfter Hund am Fenster. Daneben steckte ein Schraubenzieher in der Wand mit einem Zeittel, auf dem stand: "Ein nächstes Mal wird es nicht geben." 

 

Warum tut man sich das an? Warum arbeiten Makushina und ihre Kollegen nicht einfach in regierungsnahen Medien und genießen ein ruhiges Leben? Eines, in dem sie für ihre Arbeit auch noch Geld verdienen?

 

So einfach sei es eben nicht, war die Antwort. "Das ist nicht nur eine Arbeit, um Geld zu verdienen, sondern eine Realisierung der inneren Bedürfnisse." Die zweite Antwort war: "Wir machen die Arbeit, die sich vielleicht nicht gleich bemerkbar macht, aber die unbedingt nötig ist."

 

Bei all meinen Reisen in Gebiete, in denen es Journalisten schwer haben, frei zu berichten, bin ich Kollegen begegnet, die genau diese Einstellung haben. Ein Berufsethos, über den deutsche Journalisten viel reden, der aber nur in absoluten Einzelfällen in der Realität auf die Probe gestellt wird. Und das ist gut so. Denn ich wüsste nicht, ob ich die Kraft und die Standhaftigkeit hätte, unter solchen Bedingungen zu arbeiten wie die Kollegen von nakanune.kz - und dabei auch noch Spaß an meinem Job zu haben. Denn eines war Oksana Makushina ganz wichtig zu betonen: "Wir lieben unseren Beruf!"

 

Gegen nakanune.kz läuft übrigens gerade eine Millionenklage einer Bank. Nicht die erste und ganz sicher nicht die letzte. Die Redakteuere basteln schon wieder an einem neuen Namen.

 

 

Druckversion | Sitemap
© Elisabeth Lehmann