Januar 2016

Der Grabscher in meinem Haus

Kaum zurück in Deutschland überrollt mich gleich die große Welle der sagenumwobenen deutschen Debatten-Kultur. Silvester in Köln... und Deutschland ist ein anderes. Um ehrlich zu sein, finde ich die ganze Auseinandersetzung mit den Vorfällen in Köln hysterisch. Nach so vielen Jahren im Ausland hatte ich ganz vergessen, wie hysterisch wir Deutschen sein können, wenn wir uns empören. Dementsprechend überrascht war ich dann auch, als mich Freunde plötzlich darauf ansprachen, wie es mir denn gehe mit dieser Debatte. Schließlich sei ich ja auch mit einem "Nordafrikaner" zusammen. Im ersten Moment wusste ich gar nicht, wen sie meinen. Mein Freund hat einen deutschen Pass, spricht fehler- und akzentfrei Deutsch, lebt seit 16 Jahren in Deutschland. Achso, ja, er ist in Marokko geboren. Verstehe: Einmal Nordafrikaner, immer Nordafrikaner. Oje, wie lange muss man denn noch in diesem Land leben, um als "einheimisch" akzeptiert zu werden?! Na ja, vermutlich erlebe ich das nicht mehr. Ich habe mich auf jeden Fall lange geweigert, mich an der Massen-Hysterie zu beteiligen, egal in welcher Form. Am Ende habe ich es doch getan. Weil die Kollegen der taz mich darum gebeten haben. Ich habe viele positive Reaktionen auf diesen Artikel bekommen (und überraschend wenig negative!). Vielen Dank dafür! Und vielen Dank, dass sich auch eine andere Marotte der Deutschen nach so vielen Jahren meiner Abwesenheit nicht geändert hat: Morgen wird die nächste Sau durch's Dorf getrieben und die grabschenden Nordafrikaner vom Kölner Bahnhofsvorplatz sind erst einmal wieder zu den Akten gelegt. 

 

Hier geht's übrigens zum taz-Artikel.

 

Der "nordafrikanische Grabscher in meinem Haus" hat sich übrigens auch selbst zu der Debatte geäußert - in fehler- und akzentfreiem Deutsch und ebenfalls in der taz.

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© Elisabeth Lehmann